Vom Tauschhandel zum Kapitalismus

 

Liebe Leser*innen,

 

ich bin bereits auf der Eingangsseite darauf eingegangen, dass die Auslöser für Umweltzerstörung, Tierleid und auch Armut bereits im Tauschhandel verankert sind. Der Kapitalismus mit all seinen Ausuferungen ist nur die logische Konsequenz der jahrtausendelangen Weiterentwicklung des ursprünglichen Tauschhandels, dessen Funktion ich hier noch einmal wiederhole: 

  • Wer viel besitzt, kann viel eintauschen.
  • Wer wenig hat, kann nur wenig eintauschen.
  • Wer nichts hat, ist auf Almosen angewiesen und muss ansonsten kucken wie er klar kommt. 

Der Tauschhandel trat vielerorts an die Stelle des gemeinschaftlichen Versorgens aller Mitglieder von ursprünglichen Gemeinschaften und in kürzester Zeit gab es Arme und Reiche. Hinzu kam, dass in vielen Kulturen die Einstellung herrschte, dass Tiere und Natur geschaffen wurden, damit sich die gottgleichen Menschen daran bedienen können. Oder sich wie bei uns "die Welt untertan zu machen". 

Das hatte zur Folge, dass die Natur keinerlei Recht auf Ausgleich bzw. Wiedergutmachung von angerichteten Schäden hatte - und bis heute nicht hat. Jedenfalls nicht aus dem System heraus, sondern nur auf Weisung von Menschen. Also:

 

Die Wurzeln von Armut, Raubbau an der Natur und Tierleid sind bereits im Tauschhandel verankert.


Mit der Erfindung des Tauschmediums Geld (nach Salz, Muscheln, Gold usw.) wurde es nicht besser, weil man Geld gewinnbringend verleihen konnte und damit wurde auch das Geld selbst zum Geschäft. Wer genug hatte um es zu verleihen, wurde noch reicher und wer wenig hatte und sich Geld leihen musste, musste auch noch Zinsen an die bezahlen, die sowieso schon genug hatten.

 

Das Gesamtvermögen ist extrem ungleich und ungerecht verteilt. So besaß Ende 2020 1,1 Prozent der Weltbevölkerung 45,8 Prozent des weltweiten Vermögens. Rund 55 Prozent der Weltbevölkerung besaßen hingegen lediglich 1,3 Prozent des weltweiten Vermögens. Das bedeutet, dass ein Mensch von hundert die Hälfte des Gesamtvermögens besitzt, während die Hälfte der Bevölkerung mit einem Hundertstel des Vermögens auskommen muss. (Quelle auf Statistika.com)

Dass die Warenpreise mittels Spekulationen an der Börse festgelegt werden, macht es nicht besser und dass mit Verbrauch höhere Gewinne erzielt werden können als mit Nachhaltigkeit ist an Wahnsinn kaum zu überbieten, vor allem in der jetzigen Situation.

 

Kurz: Unsere Ökonomie lebt vom Verbrauch und die Unternehmen müssen sich daran halten, wenn sie im Konkurrenzkampf bestehen wollen. Und so werden künstlich Bedürfnisse erfunden, um den Umsatz zu steigern und die Menschen mit permanenten Produktwerbungen auf höchstem psychologischem Niveau auf Verbrauch getrimmt. Laut dem aktuellen Branchenreport zur Werbung von Statista wurden im Jahr 2019 rund 33,3 Milliarden Euro (allein im deutschen Werbemarkt) umgesetzt. Bis zum Jahr 2025 wird ein Anstieg auf rund 36,1 Milliarden Euro erwartet.  Quelle auf Statistika.com

Außerdem geben laut Dr. Christina Deckwirth von der Lobbycontrol e.V. die fünf größten Energiekonzerne rund 30 Mio. Euro (allein in Deutschland) für Lobbyarbeit aus, um Einfluss auf die Politik zu nehmen und an fossilen Brennstoffen festhalten und die Umstellung auf erneuerbare Energien ausbremsen zu können. Das finden wir zwar nicht gut, aber weil wir es von Geburt an so gelernt haben und nichts anderes kennen, halten wir das für völlig normal. Wir denken, dass Wirtschaft nun mal so funktioniert und dass man das nicht ändern kann - ist es nicht so?

 

Das sind nur einige wenige Punkte, die allesamt gegen uns wirken - nicht nur die Umwelt betreffend. 

Bei jeder Krise bekommen wir Wirtschaftsprobleme, da spielt es keine Rolle, ob es sich um Naturkatastrophen, Pandemien, Kriege oder Inflationen handelt. Was gut für Mensch, Tier und Natur ist, schwächt die Wirtschaft und was die Wirtschaft in Schwung bringt, schwächt die Umwelt.

 

Das dürfte jedem halbwegs klar machen, dass das so nicht funktionieren kann, schon gar nicht in der Kürze der noch zur Verfügung stehenden Zeit. Wir brauchen entweder ein neues Wirtschaftssystem oder einen neuen Planeten und weil letzteres nicht machbar ist, haben wir gar keine Wahl. Wir können und dürfen den Schutz unseres Lebensraums auf der Erde nicht von den Anforderungen einer Erfindung abhängig machen, die wir "Wirtschaft" nennen, obwohl sie genaugenommen keine ist, sondern eher

 

eine Bedienungsanleitung für Mietnomaden.


 

Nach dem Tauschhandel kamen Zahlmittel wie Muscheln, Getreide, Salz, Gold und Silber, das sogenannte "Warengeld". Im 7. Jahrhundert vor Christus wurden die ersten Münzen in Kleinasien geprägt und im 11. Jahrhundert wurde in China das erste Papiergeld eingeführt. (Quelle Wikipedia: "Die Geschichte des Geldes")

 

Auch wenn viele die Einführung des Geldes aus verständlichen Gründen als Gewinn betrachten, konnte man es verleihen und Zinsen fordern und damit wurde das Tauschmittel zu einem eigenen Geschäftszweig, der nichts mehr mit der Bedarfsdeckung der Menschen zu tun hatte. Und so kam eines zum anderen und mit der Börse wurde dem Wahnsinn des Systems die Krone aufgesetzt, schon weil dadurch die Warenpreise ein Resultat von Spekulationen wurden.

 

Heute hat sich dieses System längst verselbständigt. Kein Mensch hat mehr Macht über dieses System. Kein König, kein Regierender, kein Manager, kein Börsenmakler, kein Superreicher - niemand ist unabhängig von diesem System. Natürlich kann man an ein paar Schrauben drehen, Zinsen erhöhen oder senken usw. aber letztlich sind alle einem System unterworfen, das wir selbst entwickelt haben und das geradezu allmächtig ist. Zu allem Überfluss sind wir restlos überzeugt von der absoluten Notwendigkeit unserer "Wirtschaft".

 

Wir behandeln sie wie ein lebendiges Wesen, denn sie wächst und gedeiht, wenn sie mit viel Verbrauch gefüttert wird. Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es uns gut, aber wenn weniger gekauft wird und der Nachschub weniger wird, dann schwächelt sie. Und darunter leiden Mensch, Tier und Natur.

 

Das Schlimmste an der ganzen Situation ist allerdings, dass wir derart auf dieses System konditioniert sind, dass ein Austausch des Systems garnicht erst überlegt wird. Natürlich wird nach Wegen gesucht, wie man die Ausuferungen des Kapitalismus begrenzen kann und überall schießen entsprechende Lösungsideen wie Pilze aus dem Boden. Aber alle diese Ideen haben leider eines gemeinsam:

Es sind ausschließlich Renovierungs- und Ausbaumaßnahmen eines Gebäudes, das im Treibsand zu versinken droht und damit als echte Lösungen der bestehenden Probleme ungeeignet.

 

Dass man eine ganz neue Regelung zum Bewirtschaften des Lebensraums und zum Regeln der Bedarfsdeckung von Mensch, Tier und Natur entwickeln könnte, ist allen mir bekannten Lösungssuchern völlig fremd und wird auch von klugen Köpfen als utopisch und realitätsfern abgetan. Dabei wäre das die logische Konsequenz, wenn etwas auf allen Ebenen zu Problemen führt. Aber dafür sitzt die Prägung einfach zu fest.


Dabei ist für jeden ersichtlich, dass wir bei jeder Krise Wirtschaftsprobleme bekommen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Naturkatastrophen, Pandemien, Kriege oder Inflationen handelt. Was gut für Mensch, Tier und Natur ist, schwächt die Wirtschaft und was die Wirtschaft in Schwung bringt, schwächt die Umwelt. Da frage ich mich, was denn noch passieren muss, bis wir auf die Idee kommen, dass das so nicht funktionieren kann? Schon gar nicht in der Kürze der noch zur Verfügung stehenden Zeit.

 

Wir brauchen entweder ein neues Wirtschaftssystem oder einen neuen Planeten und weil letzteres nicht machbar ist, haben wir gar keine Wahl. Wir können und dürfen den Schutz unseres Lebensraums auf der Erde nicht von den Anforderungen einer Erfindung abhängig machen, die wir "Wirtschaft" nennen, obwohl sie genaugenommen eher eine Bedienungsanleitung für Mietnomaden ist. 

 

Die technischen Möglichkeiten stehen uns zur Verfügung, aber wir können sie nicht in vollem Umfang nutzen, weil die "Wirtschaft" uns daran hindert. Und das nehmen wir hin, weil das mächtigste Hindernis in unseren Köpfen existiert. Wir sind nämlich von Geburt an vollkommen auf die bestehende Ökonomie geprägt und was damit nicht in Einklang zu bringen ist, lehnen wir ganz automatisch ab.

 

Das hat nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun, sondern hängt vielmehr davon ab, wie lange und wie intensiv wir auf etwas konditioniert sind. Je stärker eine Prägung, umso schwieriger ist es, sich davon zu lösen und über die erlernten Grundlagen hinauszudenken, ohne sich davon beeinflussen zu lassen. Es gibt zwar Ausnahmen, aber die meisten Menschen haben Schwierigkeiten damit, etwas "neu" zu denken, ohne das Neue mit dem Bestehenden zu vermischen und zu vergleichen.

 

Am ehesten hilft in solchen Fällen ein Perspektivwechsel, zum Beispiel der Blick von außen - aber auch das fällt den meisten Menschen nicht gerade leicht. Deshalb arbeite ich gerade an einem Artikel, der sich die in der Sozialpsychologie bekannte Perspektivübernahme zunutze macht. Ich bitte um ein bisschen Geduld. :)